Dienstag, 23. Juli 2013

Elstern sind clever

Elster im Anflug

 Seit ca. einem halben Jahr beobachte ich Elstern sehr intensiv. Sie faszinieren mich immer mehr, denn ihr Verhalten, ihre Art sich zu bewegen und ihr Aussehen sind beeindruckend. Bisher, vielleicht aus einem Vorurteil heraus, hatte ich mich weniger für die Elster interessiert. Sie galt als sehr scheu und schwer zu fotografieren. Nach einigen Beobachtungen merkte ich aber, das dies bei "meinen" Elstern so nicht stimmt. Meine Elstern sind zwei verschiedene Paare. Ein Paar lebt direkt gegenüber von unserem Haus. Dort "wohnen" sie in einer Tanne und haben dort schon zweimal erfolgreich gebrütet. Das andere Paar lebt an einer befahrenen Straße in der Nähe des Naturschutzgebietes in Walsum. Auch dieses Elsterpaar hat schon mindestens zweimal, wenn nicht sogar dreimal erfolgreich gebrütet. Beide Paare sind wenig scheu, ich würde sie sogar als sehr neugierig bezeichnen. 

Elster


Anfangs war es schon schwer sie einfach so zu fotografieren, also ähnlich wie bei den Rabenkrähen, die mich auch erst einmal kennenlernen mussten. Nach einigen Besuchen stellte ich fest, das sie schneller am Futter waren, als die sowieso sehr scheuen Dohlen, die ständig herum hüpfen und die ebenfalls scheuen Rabenkrähen, die sehr lange warten und prüfen, bevor sie das Futter nehmen.
Die Elstern kommen direkt zum Futterplatz angeflogen, halten also nicht erst mal einen Sicherheitsabstand. Dann schnappen sie sich das Futter und sind dann auch sofort wieder weg. So bleibt mir immer nur ein sehr kleines Zeitfenster um sie zu fotografieren. Doch gerade wegen ihrer punktgenauen Landung gelangen mir einige sehr gute Flugaufnahmen. Ich konnte verschiedene Flugphasen festhalten, wie zum Beispiel den Gleitflug, den Rüttelflug, den wir vom Turmfalken kennen und auch vier verschiedene Landephasen. Es war faszinierend ihnen beim Fliegen zu zusehen, so das ich zeitweise vergaß zu fotografieren.

Junge Elster

Die Elstern an unserem Haus erkunden ständig die Umgebung. Sie turnen auf den Dächern herum, suchen die straße nach Nahrung ab und plündern das ausgelegte Futter vom Nachbarn, das er eigentlich für die kleineren Singvögel aufgehängt hat. Unter dem Baum in dem sie ihr Nest haben, lebt auch eine Amsel, die uns morgens schon sehr früh mit ihrem Gesang verwöhnt. Sie scheint sich ebenfalls an die Leute aus den Häusern gewöhnt zu haben, denn wenn ich mein Auto in die Garage stelle, fliegt sie nicht weg, obwohl ich nur ein oder zwei Meter neben ihr stehe.
Der Nestbau bei den Elstern ist immer sehr interessant, da sie keine "normalen" Nester bauen. Von außen sehen ihre Nester immer so aus, als hätte jemand Äste gesammelt und sie auf den Baum geworfen. Jedoch ist das Nest eine durchdachte sehr interessante Konstruktion. Das Nest hat einen seitlichen Eingang. seitlich deswegen, weil die meisten Elsternester eine Art Dachkonstruktion besitzen, die aus stärkeren Ästen besteht. Dies ist ein optimaler Schutz gegen Angriffe von Greifvögeln auf die Jungvögel. Elster bauen oft mehrere Nester und bauen einigen Nestern aber nicht ganz fertig, vollenden sie also nicht. Dies hat ungewollt eine wichtige ökologische Funktion für andere Vögel die keine Nester bauen können, wie z.B. der Turmfalke.
Eine sehr interessante Webseite über die Elster ist die Seite von Michael Becker. Er beschreibt unter dem Punkt "Sexual- und Territoialverhalten" den Nestbau genauer und zeigt auch eine Skizze vom Nest. 
Elster im Anflug

Die Elstern an Rand des Naturschutzgebiets in Walsum sind zur Zeit auch mit ihren Jungen unterwegs. Sie lernen gerade sehr viel von ihren Eltern. Zum Beispiel wie man sich Menschen nähert.
Es war sehr schön zu beobachten wie die Jungvögel im Hintergrund blieben, den Altvögeln zuschauten und dann selbst agierten. Sie waren noch etwas zaghaft, aber sie machten ihre Sache sehr gut. Sie sahen dabei gegenüber den Altvögeln etwas lustig aus, weil sie manchmal noch etwas unbeholfen herum tapsten. Nach einer Weile schauten sie nicht mehr zu, sondern gingen sofort ans Werk und schnappten sich das Futter immer schneller. Es war eine sehr schöner Tag mit vielen interessanten Einrücken.

Hüpfende Elster

Stadtvögel




Am letzten Wochenende im April hatte ich eine Saatkrähenkolonie am Niederrhein besucht. Dort sind hauptsächlich Saatkrähen zu finden, also anders als in der Nähe von Rheinberg, denn dort leben Dohlen mit den Krähen zusammen. Die Saatkrähen dort leben mitten in der Stadt und nisten dort in den Bäumen entlang der Straße. Sie besuchen dort auch einen Park, in dem natürlich häufig etwas zu fressen abfällt. Durch die Nähe zu den Menschen in der Stadt haben die Saatkrähen auch weniger Scheu und so kommen sie den Besuchern des Parks oder den Menschen auf der Straße doch recht nahe. Als ich dort war, konnte ich eine Gruppe von ca. 7 Vögeln mit Futter zu mir locken. Ohne Futter kommen sie auch relativ nah heran, doch ist es dann dem Zufall überlassen wie lange sie sich in der Nähe aufhalten. Die Saatkrähen bauen ihre Nester in den Bäumen mit vielen unterschiedlich großen Ästen. Wenn sie deswegen auf die Suche gehen, balancieren sie häufig auf den dünnsten Zweigen um an einen passenden Ast oder Zweig zu kommen. Es werden eben nicht nur am Boden liegende Materialien benutzt.

 
Bei ihrer Futtersuche merkt man das sie gerne pflanzliche Nahrung fressen, denn Eicheln und Kirschen konnte ich mehrfach in ihren Schnäbeln sehen. Ihren lateinischen Namen Corvus frugilegus haben sie also zu recht.
An diesem Tag konnte ich einige interessante Aufnahmen machen. Hier sind einige davon zu sehen.



Sonntag, 13. Januar 2013

Winterfütterung und Verhaltensforschung


Über das Füttern von Vögeln ist schon eine Menge geschrieben worden, Peter Berthold (deutscher Ornithologe und Verhaltensforscher) und viele andere haben ganze Bücher darüber veröffentlicht. Dabei gab es oft unterschiedliche Meinungen und oft wusste der Leser nach drei Büchern nicht mehr was er tun sollte, da zu viele unterschiedliche Meinungen zu lesen waren.
Ich habe es über die Jahre bei meinem Vater beobachtet, denn er füttert, wie Berthold es beschreibt, das ganze Jahr über. An seinem Futterhaus tauchen Bergfinken, Grünfinken, Buchfinken, Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpf-Weidenmeisen, Tannenmeisen, Haubenmeisen, Amseln, Rotkehlchen, Feldsperlinge, Haussperlinge, Heckenbraunellen, Gimpel, Kernbeisser, Kleiber, Buntspecht und der Eichelhäher auf. Neulich war sogar ein Sperber zu Gast. Der ist aber eher selten dort zu sehen. Auch zwei Eichhörnchen besuchen das Futterhaus. Über das ganze Jahr lassen sich dort im Sauerland Singvögel und Greifvögel beobachten. Hier im Hochsauerland Kreis gibt es auch Dohlen, Elstern, Saatkrähen, Tannenhäher, Kolkraben und Rabenkrähen, neben dem hier recht häufig vertretenen Eichelhäher. 



Bei uns am Niederrhein in meinem Beobachtungsgebiet habe ich, bis auf Tannenhäher und Kolkraben, eigentlich auch die gerade aufgezählten Rabenvögel. Sie verhalten sich alle recht unterschiedlich am Futterplatz. Die Dohle ist im allgemeinen immer ziemlich vorsichtig. Sie fliegt die Futterstelle nur kurz an und verschwindet dann mit „einer“ ergatterten Beute. Sie nimmt, laut meinen Erfahrungen, fast immer nur ein Stück des ausgelegten Futters, was ist in einzelnen Fällen auch mal anders sein kann. Manchmal packt sie sich dann gleich zwei oder drei Stücke ein. Aber oft reicht ihr die Zeit nicht, weil die Dohle natürlich möglichst schnell wieder den Platz verlassen möchte.

Der Eichelhäher ist im Sauerland ruhiger als bei uns. Am Niederrhein lässt er sich ähnlich wenig Zeit um sich Futter zu nehmen. Er ist dabei nur nicht so hektisch wie die kleine Dohle.
Die Rabenkrähe ist recht unterschiedlich in ihrem Verhalten. Einige Jungvögel und die, die sich an die Fütterungen gewöhnt haben, verhalten sich verhältnismäßig ruhig. Die anderen halten großen Abstand zu mir. Eine regelmäßige Fütterung, für die ich leider nicht mehr die Zeit habe, würde sehr wahrscheinlich eine größere Annäherung beider Gruppen bewirken. Also die, die schon näher kamen, würde noch näher heran kommen und die, die scheu waren, würde schon recht nahe an mich heran kommen. Bei Fütterungen, die wirklich täglich und immer mit dem gleichen Ritual durchgeführt werden, lassen sich die Rabenkrähen sogar wie andere Singvögel aus der Hand füttern.
Die Saatkrähe, die am Rhein in Duisburg nicht in so großer Stückzahl erscheint, ist zwar vorsichtig, aber auch neugierig. Sie packt sich wie die Rabenkrähe auch den Schnabel voll, wenn es mal größere Mengen an Futter gibt. 



Bei meinen Beobachtungen der Rabenkrähe war immer eine Krähe dabei, die in der immer gleichen Körperhaltung rief. Nach meiner Meinung ein Zeichen, das auf eine größere Menge an Futter hinweisen soll. Denn wenn ich nur wenige Nüsse verfüttert hatte, blieb der Ruf aus. Außerdem stellte ich noch fest, das oft der Futterplatz relativ leer war. Hatte ich dann Futter in größerer Menge ausgelegt, tauchte eine kleine Gruppe auf. Komischerweise rief dann immer nur eine Krähe, so als wäre es ihre spezielle persönliche Aufgabe. Kurze Zeit später füllte sich der Platz, der nicht immer der gleiche und nicht immer von überall her einsehbar war, mit einer größeren Menge von Rabenkrähen. Dann, da hier eine große Versammlung zu sehen war, erschienen auch Elstern, Dohlen und auch Saatkrähen. Zufall oder rekrutieren Rabenkrähen ähnlich wie Kolkraben? (Siehe Buch von Bernd Heinrich/ Professor für Biologie und Verhaltensforscher) Von Januar bis März werde ich das genauer untersuchen.
Auch die gerade erwähnten Elstern haben am Futterplatz ihr eigenes Verhalten. Sie sind nach meinen Beobachtungen die Cleversten beim Futter aufnehmen. Wo die Dohle zu ängstlich herum tanzt und die Rabenkrähe noch zu vorsichtig abwartet, ist sie diejenige die sich das zu nutze macht. Sie kommt akrobatisch ins Geschehen hinein geflogen, checkt die Lage schon vorher aus der Entfernung ab und nimmt dann was in den Schnabel passt. Auch Videos im Internet bestätigen meine Beobachtungen. Sie sind dann oft zu zweit oder sogar in größeren Gruppen unterwegs. Immer häufiger beobachte ich sogar Gruppen von bis zu 20 Vögeln. Die Elster ist mit dem Eichelhäher einer der bunteren Rabenvögel. Ihre schillernden Federn zeigen grüne, gelbe, blaue, lila und kupferne Farbtöne, je nachdem wie das Licht auf ihr Gefieder trifft. Im Flug hatte ich sie als Kind oft beobachtet und für exotische Vögel gehalten. Meine Mutter hatte mir damals erklärt, das es heimische Singvögel sind. Auch heute denke ich oft, wenn ich sie sehe, das sie doch von ihrem Gefieder her , eher an Paradiesvögel erinnern. Ihr langer Schwanz, die Farben im Gefieder und ihr seltsamer Flug ist bei kaum einem anderen Vogel in Europa zu beobachten.
Selten sind Streitereien zwischen Rabenvögeln zu beobachten und wenn dann solche, die auch bei anderen Tieren vorkommen oder sogar bei uns Menschen zu beobachten sind. Denn Hunde lassen sich auch nicht gern ihr schon in Besitz genommenes Futter weg nehmen. Auch Menschen lassen sich beim Essen nicht gern stören oder denken wir nur mal über Futterneid beim Menschen nach. Nur Rabenvögeln wird das als extrem negativ angekreidet.



Wir denken bei solchen Sachen ja sowieso immer aus unserer eigenen Perspektive. So wie wir als Mensch dem ganzen gegenüber stehen. Intelligenz ist für uns z.B. Werkzeuggebrauch, wenn wir Dinge planen (Ein Versuch mit Neukaledonischen Krähen zeigte das sie eine Reihenfolge von Arbeitsschritten planen) oder wenn wir lesen können.
Rabenvögel benutzen auch Werkzeuge (Äste, Halme oder Blätter), wissen auch was zuerst gemacht werden muss, um an Futter zu kommen oder lesen auch Zeichen, die wir ihnen geben. (Gestik oder Verhalten beim Menschen) Sie lesen zwar nicht wie wir Buchstaben, sondern deuten Zeichen. Wir machen im Prinzip auch nichts anderes. Vielleicht wäre ein Rabenvogel nach intensivem Training auch dazu fähig, eine bestimmte Zeichengruppe zu unterscheiden. Nach einer weiteren Zeit und Schulung wäre er vielleicht sogar in der Lage unsere Schrift zu lesen. Man weiß es bis heute nicht, denn die Forschung in diesem Bereich steckt noch in den Kinderschuhen und wird vielleicht so richtig intensiv erst seit 20 bis 25 Jahre betrieben. Aber die Versuche in der Forschung sind meist ein anerlerntes Wissen. Was wissen und können sie ohne unser Zutun? Das finde ich eigentlich noch viel interessanter. Nur das kann man nicht in Forschungszentren erfahren. Da muss ein Forscher schon mal in den Lebensraum des Untersuchungsobjekts eindringen und sich dort so verhalten, das ihn die Vögel nicht bemerken. (Wie Bernd Heinrich) Als sehr interessant empfinde ich auch die Anpassung der Tiere, eben auch die der Rabenvögel an die Zivilisation, an die Städte. Dort leben sie und profitieren von unserem Leben im Überfluss und den Fehlern in der Konstruktion mancher Gebrauchsgegenstände. Zum Beispiel der von Mülltonnen, deren Deckel zu leicht sind und so vom Wind erfasst, geöffnet werden. Natürlich können ihn auch Rabenkrähen öffnen und so an Nahrungsreste heran kommen.
Aber nicht nur Rabenvögel sind in dieser Hinsicht kaum erforscht, auch andere Vogelarten wie die Singvögel sind bisher noch wenig untersucht worden. Ich bin gespannt was in den nächsten Jahren noch alles berichtet wird. Es wird uns vielleicht nicht nur erstaunen, sondern vielleicht sogar erschrecken, weil wir diese Tiere bisher als dumm bezeichnen?! 



Warum sind viele Vogelarten ausgestorben und gerade Rabenvögel haben es immer noch mal geschafft. Gut, menschliche Hilfe war seit den 90ern natürlich auch dabei. Aber sie wurden immer wieder in enormer Zahl abgeschossen und sind immer wieder in großer Zahl zurückgekehrt. Zufall oder doch eine enorme Intelligenz sich an neue Lebensbedingungen anzupassen?!

Christian Falk, 31.12.2012